26 April 2006

20 Jahre nach Tschernobyl

Heute genau vor 20 Jahren explodierte ein Atomreaktor in der Ukraine. Angesichts dessen veröffentlichen wir hier einen Artikel aus dem ersten fallen rain Heft.


Am 26. April 1986 explodiert einer von vier Atomreaktoren in Tschernobyl. Radioaktive Teile werden über 1000 Meter hoch geschleudert und entzünden umliegende Dächer.
Einen Tag später breitet sich die radioaktive Wolke über Europa aus, verseuchtes Gemüse und belasteter Boden sind die Folgen.
Bereits am 03.05.1986 schwebt die radioaktive Wolke über der ganzen nördlichen Hemisphäre.
In der ehemaligen Sowjetunion werden 150.000 Quadratkilometer radioaktiv verseucht. Das Gebiet erstreckt sich über die Ukraine, Russland und Weißrussland. Letztes traf es besonders hart. 70% der freigesetzten Radioaktivität ging hier nieger. Somit wurden mehr als 2 Millionen Menschen direkt der Strahlung ausgesetzt und ein Viertel des Staatsgebietes wurde versucht.
Insgesamt leben heute über 7 Millionen Menschen in radioaktiv belasteten Gebieten. Millionen Kinder wurden durch radioaktives Jod verseucht. Weitere Hunderttausende litten und leiden an bösartigen Tumoren, Bluterkrankungen, Störungen des Immunsystems, der Verdauungsorgane und und und.
All dies ist nun 19 Jahre her und die ukrainische Regierung scheint nichts daraus gelernt zu haben. Großmäulig kündigt Kiew an bis zum Jahr 2030 elf neue Meiler in Betrieb zu nehmen. Woher das Geld dafür kommen soll, ist erstmal Nebensache, aber auch schnell geklärt : Die EU wird wohl um finanzielle Mittel angebettelt werden.
Premierministerin Julia Timoschenko, hochgelobt durch die Orangen-Revolution, will das Land vor der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen bewahren, die die Ukraine teuer importieren muss. Und da scheint es für die Regierung nur einen Weg zu geben : Mehr Atomkraftwerke. Das es mittlerweile auch alternative Energiequellen gibt scheint noch nicht bis nach Kiew durchgedrungen zu sein. Anders lässt es sich nicht erklären, das die Ukraine seit dem Super-GAU nicht so wirklich von der Atomkraft die Finger lassen konnte. Zwar waren bis 1992 alle Baupläne für weitere Reaktoren auf Eis gelegt wurden, aber die schwere Energiekrise, die das Land nach dem Zusammenbruch der Sojetunion traf, sorgte für die Kehrtwende. 1995 besaß die Ukraine bereits das größte AKW des Kontinents, und erst nach internationalen Druck und der Zusicherung von Hilfsgelder nahm Kiew die noch drei aktiven Reaktoren in Tschernobyl vom Netz.

Man sieht also: 19 Jahre danach scheint die Ukraine Tschernobyl vergessen zu haben, ob dies aber auch auf die Hinterbliebenen der (nach inoffiziellen Angaben) 15 000 bis 30 000 Menschen, die an den Folgen des Unglücks starben, zutrifft, darf bezweifelt werden.

Die erste Ausgabe ist weiterhin erhältlich. Kontakt: fallenrainmag@gmail.com

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